
Nebenkosten: Ihre Rechte als Verbraucher und Mieter
13.02.2019
Bei manchem Mieter flattern jetzt die Nebenkostenabrechnungen für das vergangene Jahr ins Haus. Wenn Stromanbieter oder Vermieter plötzlich extrem hohe Nachforderungen bei den Nebenkosten stellen, müssen sie künftig allerdings zuerst Beweise erbringen, bevor der Kunde bzw. Mieter zahlen muss. Das entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in zwei Urteilen. ARAG Experten begrüßen diese Stärkung der Verbraucher- und Mieterrechte und haben weitere Informationen rund um die Nebenkostenabrechnung.
Fall 1: Viel zu hohe Stromrechnung
Viel zu hohe Stromrechnung
In dem ersten verhandelten Fall orderte der Oldenburger Stromanbieter EWE von einem Rentnerpaar über 9.000 Euro an Stromnachzahlungen, weil es innerhalb eines Jahres mehr als das Zehnfache an Strom verbraucht haben sollte als im Jahr zuvor. Der Stromanbieter klagte, als das Ehepaar sich weigerte, die Summe zu bezahlen. Der BGH bestätigte nun die Abweisung der EWE-Klage: Der bescheidene Lebenszuschnitt der Senioren sprach einfach nicht für solch einen Stromverbrauch. Weil die ernsthafte Möglichkeit eines offensichtlichen Fehlers des Stromanbieters bestand, hätte dieser beweisen müssen, dass die Senioren tatsächlich so viel Energie verbraucht hatten, erläutern ARAG Experten das Urteil (BGH, Az.: VIII ZR 148/17).
Was bedeutet das für Stromkunden?
Das Urteil stärkt eindeutig die Kundenrechte, indem es bei sehr hohen Nachforderungen der Stromanbieter die Beweislast umkehrt. Demnach müssen Kunden im Streit mit Energieversorgern deutlich überhöhte Abrechnungen nicht bezahlen, wenn die "ernsthafte Möglichkeit eines offensichtlichen Fehlers" des Energieanbieters besteht. Bei Nachzahlungsforderungen im üblichen Rahmen von einigen hundert Euro müssen Verbraucher aber weiterhin zunächst zahlen und können dann ein Rückforderungsverfahren anstrengen.
Fall 2: Unverhältnismäßig hohe Heizkosten
BGH weist Vermieter die Beweislast zu
In einem weiteren Fall sollten Mieter 5.000 Euro Heizkosten für zwei Jahre nachzahlen. Das waren 40 Prozent der Heizkosten des gesamten Hauses. Die Wohnfläche der gemieteten Wohnung betrug allerdings nur 12 Prozent der Gesamtfläche. Obwohl der klagende Vermieter den Mietern die Einsicht in die Nebenkostenabrechnung der Nachbarwohnungen verweigerte, bekam er vom Landgericht Darmstadt zunächst Recht. Das war sogar den Richtern des BGH unverständlich, sie hoben das Urteil auf: Der klagende Vermieter hätte seine Forderungen beweisen müssen. Weil er das in der Vorinstanz nicht getan habe, hätte das Landgericht dessen Klage abweisen müssen. Zudem hätte der Vermieter die Einsicht in die Abrechnungsunterlagen über die Nachbarwohnungen nicht verweigern dürfen. Mieter haben grundsätzlich ein umfassendes Einsichtsrecht in Nebenkostenabrechnungen, so ARAG Experten, um sich Klarheit darüber zu verschaffen, ob der Gesamtverbrauch mit dem individuellen Verbrauch der Wohneinheiten übereinstimmt (BGH, Az.: VIII ZR 189/17).
Weitere interessante Infos zur Nebenkostenabrechnung
Vermieter dürfen die Kosten für eine Notfallbereitschaft des Hausmeisters nicht ihren Mietern aufbrummen. ARAG Experten verweisen auf ein entsprechendes Urteil des BGH (Az.: VIII ZR 144/19).
Mieter haben Anspruch auf eine Abrechnung ihrer Heizkosten nach dem korrekten Verteilungsschlüssel. Sie können nicht darauf verwiesen werden, eine falsche Abrechnung abzuwarten und diese dann zu kürzen. Das stellt laut ARAG der Bundesgerichtshof in einem am 07.02.2019 veröffentlichten Urteil vom 16.01.2019 klar (Az.: VIII ZR 113/17).
Die Betriebskostenverordnung (BetrKV) kennt so genannte „warme“ und „kalte“ Nebenkosten. Während unter den ersten Punkt Heizung, Warmwasser sowie die damit verbundenen Kosten etwa für Wartung, Reinigung oder Messungen fallen, umfasst die Liste der kalten Nebenkosten viele Punkte – von der Grundsteuer über die Wasserversorgung und Straßenreinigung bis hin zu Kosten für einen Hausmeister oder eine Gemeinschaftsantenne.
Die umfassende Liste des § 2 BetrKV finden Sie auf den Seiten des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz. Diese Nebenkosten werden nach einem bestimmten Verteilerschlüssel auf die Mieter des Hauses umgelegt, etwa nach Kopfzahl oder nach Wohnfläche. Haben die Vertragsparteien im Vertrag nichts anderes vereinbart, werden die Betriebskosten grundsätzlich nach dem Anteil der Wohnfläche umgelegt. Betriebskosten, die verbrauchsabhängig sind, sind nach einem Maßstab umzulegen, der dem unterschiedlichen Verbrauch Rechnung trägt. Für Verwaltungs- und Reparaturkosten hingegen kommt grundsätzlich der Vermieter auf.
Nebenkosten von der Steuer absetzen? Das geht laut ARAG Experten! Nutzen Sie so genannte „Haushaltsnahe Dienstleistungen“ und Handwerkerleistungen aus Ihrer Nebenkostenabrechnung. So sparen Sie Steuern, wenn beispielsweise Hausmeister, Gärtner, Fensterputzer oder Schneeräumer tätig sind. Da wird das Checken der Nebenkosten glatt zum Vergnügen! In der Regel sind es Kosten für Reinigung und Wartung, die abzugsfähig sind. Instandsetzungen und Reparaturen sowie Materialkosten werden nicht berücksichtigt. Die Angaben stehen in der Nebenkostenabrechnung; der Vermieter muss Lohn- und Materialkosten dort getrennt aufführen. Ergeben sich die absetzbaren Kosten nicht aus der Nebenkostenabrechnung, muss der Vermieter Ihnen eine separate Bescheinigung für das Finanzamt ausstellen. 20 Prozent der Lohnkosten für haushaltsnahe Leistungen und Aufwendungen für Handwerker können so jedes Jahr absetzen werden, sogar, wenn der Vermieter die Arbeiten beauftragt hat.
ARAG Experten raten, Mietverträge im Hinblick auf die Nebenkostenregelung genau zu prüfen. Insbesondere in älteren Verträgen sind häufig Nebenkostenpauschalen oder Inklusivmieten vereinbart. Damit sind alle zusätzlichen Betriebskosten abgegolten. Vorsicht heißt es auch bei schwammigen Formulierungen wie ‚plus die üblichen Betriebskosten’, denn was ist schon üblich? Idealerweise enthält der Mietvertrag den Hinweis auf § 2 der BetrKV, in dem alle Betriebskosten genau aufgelistet sind. Aufwendungen, die über die dort enthaltenen Punkte hinausgehen – wie z.B. Aufwendungen für die Reinigung der Dachrinne oder die Wartung des Blitzableiters – müssen explizit im Vertrag erwähnt werden, sonst ist der Mieter nicht verpflichtet, dafür zu zahlen.
ARAG Experten weisen darauf hin, dass Mieter laut einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) grundsätzlich keinen Anspruch auf eine Zusendung von Fotokopien der Rechnungsbelege haben. Es reicht aus, dass der Vermieter die Rechnungen zur Einsicht und Prüfung bereithält. Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn dem Mieter die Einsichtnahme in den Räumen des Vermieters nicht zugemutet werden kann. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn der Vermieter in einer anderen Stadt wohnt (Az.: VIII ZR 78/05).
Vermieter haben sich bei der Nebenkostenabrechnung an einige formale Vorgaben zu halten. Formfehler können sogar dazu führen, dass der Vermieter am Ende auf den Kosten sitzen bleibt. Grundsätzlich muss die Abrechnung für jeden verständlich sein – und zwar ohne, dass man ein BWL-Studium absolviert hat. Dabei gilt: Je detaillierter die Abrechnung, desto besser ist sie. Wichtig ist zudem auch das Datum der Abrechnung: Sie ist dem Mieter spätestens zum Ablauf des zwölften Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums mitzuteilen.
Zwar ist es verboten, unangemessen hohe Vorauszahlungen festzulegen. Liegen jedoch keine besonderen Umstände vor, begeht der Vermieter keine Pflichtverletzung beim Vertragsschluss, wenn er mit dem Mieter Vorauszahlungen für Nebenkosten vereinbart, die die Höhe der später anfallenden tatsächlichen Kosten nicht nur geringfügig, sondern auch deutlich unterschreiten. So hat der BGH entschieden (Az.: VIII ZR 195/03). Besondere Umstände können danach zu bejahen sein, wenn der Vermieter dem Mieter bei Vertragsschluss die Angemessenheit der Nebenkosten ausdrücklich zusichert oder diese bewusst zu niedrig bemessen hat, um den Mieter über den Umfang der tatsächlichen Mietbelastung zu täuschen und ihn auf diese Weise zum Abschluss des Mietvertrages zu veranlassen. Nachweisen muss dies allerdings der Mieter.
Das passende Gerichtsurteil
Vermieter haben seit Februar 2016 unter Umständen größeren Spielraum bei der Gestaltung der jährlichen Nebenkostenabrechnung.
In einem konkreten Fall teilten sich mehrere vermietete Gebäude einer Wohnanlage einen Müllplatz und zwei Heizstationen. Bei der Abrechnung hatte der Eigentümer zunächst die Gesamtkosten nach Wohnfläche auf die Gebäude verteilt und dann auf die einzelnen Mieter umgelegt, diesen Schritt aber nicht nachvollziehbar gemacht.
Im Streit um eine Nachzahlung hatten Amts- und Landgericht zugunsten des Mieters entschieden, weil die Abrechnung nicht ordnungsgemäß sei. Der Fall landete beim BGH und muss nun noch einmal verhandelt werden.
Grundsätzlich, so der BGH, mussten die Rechenschritte im konkreten Fall nicht genannt werden. Ausreichend sei es, wenn der Vermieter die Gesamtkosten pro Abrechnungseinheit aufführt und diese dann aufteilt.
Der BGH hat bereits in anderen Entscheidungen mehrfach betont, dass an die Nebenkostenabrechnung keine zu hohen Anforderungen zu stellen seien (Az.: VIII ZR 93/15).
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